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KATARZYNA KORZONEK

Variationen des Hexenbegriffs

Mit dem Begriff Hexe assoziiert man meist etwas Negatives. Hexe, das ist für die meisten ein schädliches Zauberwesen, eine alte böse Frau mit magischen Fähigkeiten. Dieses Hexenbild entstammt den Grimmschen Märchen, die wiederum auf Volkserzählungen basieren. Doch konnte dieses Märchenbild die mittelalterliche Hexenverfolgung bedingen? Woher stammt der kirchliche Hexenbegriff? Dieser Hexenbegriff schließlich ist es, der tausenden von Menschen das Leben kostete. Es ist unwahrscheinlich, dass diese aufgrund von Erzählungen wie Hänsel und Gretel gejagt, gefoltert und ermordet wurden, was unter chronologischen Gesichtspunkten durchaus möglich wäre, wenn man die verschiedenen Hypothesen über das Alter der Märchen in Betracht zieht.

Doch die Märchenhexe ist unschuldig, ganz im Gegensatz zu ihrer volkstümlichen Schwester, der Sagenhexe. Obwohl beide eng verwandt sind, beide entstammen alten volkstümlichen Erzählungen, konnte trotzdem eine von ihnen für die Hexenverfolgung missbraucht werden und die andere nicht. Es muss also einen Unterschied geben, der auf die verschiedenen Gattungen, Märchen und Sagen zurückzuführen ist. ,Hexe’ ist demnach nicht gleich ,Hexe’. Je nachdem, welche Funktion sie zu erfüllen hat, divergiert ihre Beschreibung.

Im Märchen erfolgt eine gattungsbedingte Reduktion des Hexenbildes; sie wird auf den Gegenpart zum Märchenhelden begrenzt. In der Sage ist die Hexe nicht bloß der Antiheld, sie ist außerdem noch ,Gesellschaftsmitglied’, eine Erweiterung, die ihr schließlich zum Verhängnis wird. Doch bevor dieses, dem traditionellen Volksglauben entstammende ,Gesellschaftsmitglied’ schließlich von realen Personen verkörpert wird, die auf dem Scheiterhaufen hingerichtet werden, muss es noch durch die Kirche ,modifiziert’ werden.

Trotz ihrer Unterschiede besitzen alle Hexenvarianten einen gemeinsamen Nenner: Die Hexe ist fast ausnahmslos weiblich. Irrelevant ob es sich um eine Märchen- oder Sagenhexe, oder aber das kirchliche Hexenmuster handelt, scheint Weiblichkeit ein hexenkonstituierendes Merkmal zu sein. Diese Tatsache offenbart eine verräterische negative Begriffsbestimmung des Weiblichen. Der Prozess, der aus der traditionellen Zauberin die Hexe machte, vollzieht sich vor dem Hintergrund asketisch motivierter Dämonisierung von Weiblichkeit, die in ihren Wurzeln bis auf die biblische Verführerin Eva zurückgeht.


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Infos zum Beitrag:

  • Publikationsdatum
    04/2008
  • Bereich/Forum
    Mythosforschung
    Studentisches Forum
  • Textart
    Hausarbeit Haupt-/Masterseminar
  • Seminarinfo
    Kinder- und Jugendliteratur

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