OLIVER RUF
(Un-) Politik des Schreibens: Technikästhetik eines Medienapparats
1865 entwickelt Rasmus Malling-Hansen eine besondere Medien-Objektivation, die er 1870 patentieren lässt und die dann buchstäblich sowohl Medien- wie Technik- und auch Philosophiegeschichte schreibt: die erste in Serie hergestellte Schreibmaschine. Von dieser werden zwar nur 180 Stück produziert (von denen heute noch knapp 30 Exemplare existieren), doch hat dieses Artefakt eine bemerkenswerte Wirkung hinsichtlich einer Produktionsszene von Theorie entfaltet. So war der Medienapparat dafür konzipiert, ohne das Geschriebene zu erblicken, in hoher Geschwindigkeit jenes zu fixieren – ermöglich durch die Anlage als 'Schreibkugel'. Es war dabei Friedrich Nietzsche, für den dies nicht nur nützlich, sondern essenziell wurde. Denn seine Augen waren bekanntlich derart schlecht geworden, dass er seine eigene Handschrift kaum mehr lesen konnte. Anders gesagt: Ohne eine solche Technik hätte, zunächst, das theoretische Schreiben Nietzsches einen wesentlichen Abbruch bzw. eine weitere Behinderung gefunden. Der Beitrag nimmt diese Beobachtung zum Anlass, um den Gegenstand der Skrivekugle als Sichtbarkeits- respektive Wahrnehmungs- und Erfahrungsmaschine zu lesen und hierfür eine entsprechende (Medien-)Ästhetik zu reflektieren. Dies wird am Beispiel einer einschlägigen literarischen Fiktion vorgenommen: durch eine ausführliche Lektüre von Kafkas Erzählung In der Strafkolonie und die dann daran anschließenden Verhandlung der darin identifizierten Technikästhetik anhand eines Medienapparats Friedrich Nietzsches. Rezipiert werden im Zuge dessen Medien-Theoreme insbesondere französischer Provenienz.