GIOVANNA PINNA
Technik und Natur. Zum zeitgenössischen Erhabenen
Der Beitrag untersucht, wie in Konzeptionen des Erhabenen im 21. Jahrhundert die klassischen Theorien Burkes und Kants neu konfiguriert werden. Er zeigt zwei Hauptströmungen im zeitgenössischen Diskurs auf, eine subjekt-, die andere objekt-orientiert. Einerseits setzen zeitgenössische Konzeptionen des Naturerhabenen Technologien voraus, die Menschen erstmals den Zugang zu entlegenen, früher verborgenen Naturschauspielen bieten. Andererseits werden heute gleichzeitig zunehmend ambivalente und beunruhigende Dimensionen des Verhältnisses zwischen Natur und Technik hervorgehoben, anders als in den 1990er Jahren, als das technologische Erhabene als Ausdruck des Fortschritts gefeiert wurde. Dabei gewinnt auch die Umweltästhetik an Bedeutung, die den Fokus auf bedrohte Naturphänomene richtet und die Spannung zwischen Bewunderung und Schrecken in eine Haltung von Verantwortung und Demut transformiert. Technik erscheint im zeitgenössischen Diskurs also paradoxerweise sowohl als Instrument zur Intensivierung ästhetischer Naturerfahrungen wie auch als Bedrohung. Schließlich lenkt der Beitrag den Fokus auf künstlerische Darstellungen des Erhabenen. Computergestützte Architekturen erzeugen Erfahrungen, die an das Naturerhabene erinnern, großformatige Umweltfotografie führt die Spannung von Natur und Technik vor Augen, ohne jedoch einen unmittelbaren Zugang zu ihr zu bieten. Die Kunstwerke selbst können zu erhabenen Objekten werden, die sowohl emotionale Überwältigung hervorrufen als auch kritisches Bewusstsein fördern. Insgesamt zeigt der Beitrag, wie sich das zeitgenössische Erhabene im Spannungsfeld zwischen Natur und Technik bewegt.