Kopfbereich
Navigation
Inhalte

LISA LEIDING

Mythos und Rationalität – Zur Revision einer postmodernen Gleich-Gültigkeit

Seit der Postmoderne gelten, bei aller theoretischen Uneinigkeit in den kulturwissenschaftlichen Disziplinen, Kulturrelativismus und Sozialkonstruktivismus als übergeordneter Deutungshorizont. Im postmodernen Paradigma geht man davon aus, dass jede kulturelle "Realität" ein kontingentes Ergebnis gesellschaftlicher Konstruktions¬prozesse ist und nur aus sich selbst heraus – den soziohistorischen, materiellen und geistigen Umständen die es bedingen – erklär- und verstehbar ist. Die Annahme von Universalien verhält sich antithetisch zum postmodernen Programm, das jede postulierte Überlegenheit irgendeines Deutungsanspruches sofort gnadenlos dekonstruiert (paradoxerweise wird der eigene Deutungsanspruch davon ausgenommen).

Diese Seminararbeit möchte, im Kontext der umstrittenen Dichotomisierung "Mythos – Logos" herausarbeiten, warum in der Postmoderne das Forschen nach kulturübergreifenden, anthropologischen Komponenten, sowie das Entwerfen von Entwicklungsszenarien die eine kulturelle Evolution postulieren, abgelehnt wird. Mit Ken Wilbers integralem Ansatz wird für einen Ausweg argumentiert, der die postmoderne Unfähigkeit, Aussagen von signifikanter Bedeutung zu treffen, zu überwinden verspricht.

Im Gegensatz zu vielen ethnologischen Ansätzen, die bestimmte kulturelle Mythen identifizieren und sie aus der jeweiligen Kultur heraus zu verstehen versuchen, wird hier für die kulturübergreifende Analyse mythischer und rationaler Denkstrukturen argumentiert. Mit "Rationalität" wird demnach, im entwicklungspsychologischen Sinn, die fortgeschrittene kognitive Fähigkeit bezeichnet, nicht nur zu Denken sondern über das Denken nachzudenken; in der selbstreflexiven Bewegung vollzieht sich eine Relativierung des eigenen Standpunktes. So verstanden ist Rationalität die erste Denkstruktur, die Universalismus und Toleranz anderen Perspektiven gegenüber ermöglicht. Mythisches Denken wird demgegenüber als weniger komplexe, weniger reflexive und weniger umfassende Denkstruktur aufgefasst. Es korreliert mit einem ethnozentrischen Weltbild, das, mithilfe von Symbolen und Diskursen, Gruppenidentitäten aufbaut und von systematischer Intoleranz fremden Diskursen gegenüber gekennzeichnet ist. Beide Denkstrukturen werden als Aspekte der individuellen sowie kulturellen Entwicklung betrachtet und lassen sich in allen gegenwärtigen Gesellschaften identifizieren.


Rechte Spalte

Direkt zum Beitrag:
PDF-Dokument (255 KB)

 

Infos zum Beitrag:

  • Publikationsdatum
    08/2010
  • Bereich/Forum
    Mythosforschung
    Studentisches Forum
  • Textart
    Hausarbeit Haupt-/Masterseminar

Verwandte Themen:

 

Zurück zum studentischen Forum ...


Fusszeile